Ökologie und Multimaterial-Design

Interview mit DI Dr. Karsten Wippler, Geschäftsführer der Leichtbau-Zentrum Sachsen GmbH

KC-aktuell 1/2022 © K-PROFI/Schneider
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DI Dr. Karsten Wippler, Geschäftsführer der Leichtbau-Zentrum Sachsen GmbH
DI Dr. Karsten Wippler, Geschäftsführer der Leichtbau-Zentrum Sachsen GmbH © LZS GmbH

24.03.2022

Die LZS GmbH ist einer der führenden Forschungs- und Entwicklungspartner der Industrie im funktionsintegrativen Systemleichtbau in Multimaterialbauweise. Das Unternehmen deckt das gesamte Spektrum der modernen Bauteilentwicklung ab – von der Machbarkeitsstudie über Konstruktion, Simulation und Fertigung bis hin zur Bauteil- und Systemprüfung.

Materialdesign für nachhaltige Lösungen – was verstehen Sie als Ingenieur darunter?

Aktuelle Entwicklungsaufgaben bedingen es, sich mit einer Vielzahl von möglichen Materialien auseinanderzusetzen, die gemeinsam oder in Konkurrenz zueinander eine Lösung ermöglichen. Nachhaltigkeit beim Werkstoff – im Sinne von „nicht mehr verbrauchen, als die Natur wieder hervorbringen kann“ – bedeutet, entweder ein Material zu wählen, das die Nutzungsdauer und -effizienz maximiert, um während der Laufzeit Ressourcen zu schonen, oder aber auf Kreislaufwirtschaft zu setzen. Meine persönliche Präferenz liegt klar beim Multimaterial-Design im Sinne des Dresdner Modells nach Prof. Werner Hufenbach: „Der richtige Werkstoff an der richtigen Stelle zum richtigen Preis bei richtiger Ökologie.“
 

Welche Trends bei Materialien und Werkstoffgruppen lassen sich erkennen?

Neben Lösungen, die dem Multimaterial-Design zuzuordnen sind, überzeugen auch Produkte, deren Ursprung in nachhaltigen Quellen zu finden ist. Im Faserverbundbereich wird sehr aktiv an alternativen Präkursoren geforscht, z. B. lignin- oder algenbasiert, um nachhaltige Fasern zu generieren. Auf diese Weise können sogar CO2 -Senken entstehen. Stahl und Aluminium bleiben ob ihrer guten Rezyklierbarkeit und Vielseitigkeit wohl weiterhin Nummer Eins. Kohlenstofffasern haben als einzige Konstruktionswerkstoffe das Potenzial, gänzlich aus nachwachsenden Rohstoffen und regenerativen Energien erzeugt zu werden.
 

Welche Branche treibt derzeit die Materialentwicklung und Innovationen?

Verschiedene Branchen sind hier zu nennen: die Bauwirtschaft mit faserverstärkten Kunststoffen und Betonen, die Energiewirtschaft mit dem Bedarf nach immer größeren hochsteifen und leichten Rotorblättern, der Maschinenbau mit schnell bewegten Massen, die Luft- und Raumfahrt mit einem stetigen Wettbewerb von Leichtmetallen und Composites. Wichtig ist auch die Automobilwirtschaft mit steigenden Komfortansprüchen, neuen Antriebstechnologien und dem Bedarf an Batteriegehäusen, Wasserstoffspeichern, etc.
 

Wie stehen Sie zum Thema „Multimaterial versus Monomaterial“ auch in Hinblick auf Recycling oder Betrachtung durch LCA (Life Cycle Analysis)?

Monomaterial punktet bei der Rezyklierbarkeit, weil keine Trennung der Werkstoffe erfolgen muss. Letztere muss daher schon im Designprozess berücksichtigt werden, dann gewinnen Multimaterial-Design während der Laufzeit. Monomaterial stellt immer einen Kompromiss dar und verlangt nach ergänzenden Maßnahmen wie z. B. Korrosionsschutz. Die Herausforderung beim Multimaterial-Design liegt in einer geeigneten Verbindungstechnik. Das Finden eben dieser Fügelösungen ist im kreativen Ingenieuralltag tägliche Praxis.

www.lzs-dd.de


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