Digitalisierungsboom steht Extrusion bevor

Seit über einem Jahrzehnt in der Extrusion tätig: BOOM-Vorstand Andreas Schaller
Seit über einem Jahrzehnt in der Extrusion tätig: BOOM-Vorstand Andreas Schaller<br><i>Foto: BOOM</i>

05.05.2017

Die Extrusion ist eine der Schlüsseltechnologien der Kunststoffverarbeitung. Insbesondere im Kontext von Industrie 4.0 wird das noch zu erforschende Potenzial der Verfahrenstechnologie allerdings immer deutlicher: Während der Spritzguss als gut erforscht gilt, gibt es im Bereich der Extrusion noch Aufholbedarf.

Drei von vier Spritzguss-Anlagen im deutschsprachigen Raum sind bereits mit IT-Basis-Infrastruktur zur Dokumentation ausgestattet, im Bereich der Extrusion beläuft sich die Zahl auf nur knapp ein Viertel. Wissenschaftliche Erhebungen wie diese belegen deutlich, was auch in der Praxis hinlänglich bekannt ist: Die Digitalisierung hat im Extrusions-Verfahren erst in Ansätzen Einzug gehalten. Damit einhergehend stellt auch das ganzheitliche Erfassen des Prozesses die Industrie vor große Herausforderungen: „Der Extrusionsprozess wird von unterschiedlichsten Anlagen und Komponenten unterschiedlichster Hersteller abgebildet. Für die Industrie erschwert das ein digitalisiertes Gesamtbild des Ablaufs mit Einflussbedingungen wie Umwelt oder Temperaturen“, betont Andreas Schaller, Vorstand von BOOM Software aus der Steiermark. Er weiß, wovon er spricht: Seit über einem Jahrzehnt beschäftigt sich das Unternehmen mit dem Thema der Extrusion. BOOM kooperierte während dieses Zeitraums eng mit renommierten Extruder-Herstellern. Für SML und Battenfeld Cincinnati hat das Unternehmen auch Standard-Software-Lösungen implementiert, die mit den Anlagen ausgeliefert werden. In weiterer Zukunft schwebt Schaller vor, dass mit der BOOM-Software ausgestatte Anlagen in nur wenigen Schritten zu einer zentralen Gesamtlösung ausgebaut werden können.

Forschungsprojekt soll Qualität anheben
Auch wissenschaftlich nähert sich BOOM Software der Thematik seit geraumer Zeit an: Als einzig österreichisches Unternehmen ist es Partner im Forschungsprojekt „KontiSens“. Kernfrage des wissenschaftlichen Unterfangens – unter der Schirmherrschaft des Fraunhofer-Institut – ist „wie Prozesse bei der Kunststoffherstellung permanent überwacht und automatisch optimiert werden können, damit eine gleichbleibende Qualität sichergestellt werden kann“, vereinfacht Schaller. Konkret soll die Qualität in speziellen Schäumverfahren verbessert werden: Durch eine Echtzeitüberwachung sollen Änderungstrends wichtiger Eigenschaften kontinuierlich hergestellter Produkte frühzeitig erkannt und die Produktqualität durch schnelles und gezieltes Eingreifen in den Herstellungsprozess verbessert werden.

Aussagekräftige Unternehmenskennzahlen
Im Rahmen des Forschungsprojekts greifen Schaller und sein Team auf breites Know-how zurück: Rund 20 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet das Unternehmen im Bereich der Verfahrenstechnologien: „Mit unserem BOOM Production Manager erfolgt eine ganzheitliche Prozessdaten-Erfassung, mit der der Extrusions-Prozess zwischen Rohstoffeingang und Warenausgang transparent dargestellt wird. Durch diese Erfassung entstehen aussagekräftige Kennzahlen wie der OEE (engl. Overall Equipment Effectiveness, Anm.). Diese Gesamtanlageneffektivität zeigt am Ende des Tages nachhaltiges Einsparungspotenzial und erhöht so die Produktqualität“, erklärt Schaller, der zudem aus der Praxis weiß: „Der OEE wird von Unternehmen oft auf Basis unterschiedlichster Parameter errechnet, was eine Vergleichbarkeit zwischen Werken und Anlagen schwierig macht.“ Konkretes Beispiel: Wie präventive Instandhaltungsmaßnahmen in die Anlagenverfügbarkeit eingerechnet werden, ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. „Dadurch wird der OEE indirekt manipuliert“, betont Schaller.

Zentrale Rezepturen
Genau diesen Handlungsspielraum lässt die BOOM-Lösung nicht zu: Denn aus aktuellen Ist-Daten generiert das Unternehmen durch Dokumentation und Aufzeichnung Einstellvorschriften. „Vereinfacht ausgedrückt passiert nichts anders, als dass wir das Know-how und Erfahrungswerte zentralisieren und Transparenz schaffen“, sagt Schaller. In der Folge entstehen für den jeweiligen Bedarfsfall optimierte Extruder-Rezepte: Von der Zusammensetzung der Rohstoffe bis hin zu optimierten Drücke und Temperaturen werden die Parameter als Referenz in einer Datenbank gespeichert – neben dem zentralen Zugriff auf diese optimierten Rezepte werden durch laufende Überprüfungen der Parameter auch Fehleinstellungen vermieden. Ausschussware könne so, „um bis zu 20, in vereinzelten Fällen sogar 30 Prozent verringert werden – das zeigen unsere Erfahrungen“, so BOOM-Vorstand Schaller. Auch Produktwechsel am jeweiligen Extruder bildet der BOOM Production Manager ab: Der Rüstwechsel hat eine automatisierte Überprüfung der Einstelldaten zur Folge.

Rasche Implementierung
Das Anbinden der Software an Sensorik und SPS innerhalb von wenigen Tagen. Möglich macht das eine umfangreiche Bibliothek an bereits vorliegenden und in der Praxis erprobten Kommunikations-Protokollen. Die Integration in den Unternehmensprozess ist hingegen langfristiger – und kann sich inklusive Beratung auf einige Monate erstrecken.

www.boomsoftware.com


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