Der stete Tropfen höhlt den Rahmen

Die neue Generation der E-Bikerahmen
Mit Wasser geflutet. Die neue Generation der E-Bikerahmen © Engel Austria GmbH

21.04.2023

Plastic Innovation GmbH geht neue Wege, um Fahrradrahmen wirtschaftlich und nachhaltig mit carbonfaserverstärkten Kunststoffen zu entwickeln. Dabei unterstützt SimpaTec Simulation Technology & Consulting GmbH das Unternehmen mit modernster Simulationssoftware und aktuellem Simulations-Know-How. Der Rahmen des ersten voll funktionsfähigen Demonstrators, ein E-Bike im anspruchsvollen Tiefeinsteiger-Design, wird im WIT-Verfahren mit einer Zykluszeit von 90 s voll automatisiert hergestellt.

Über 200 Jahre ist die Entwicklung des ersten Fahrrades alt. Auch wenn dieses Gefährt mit dem heutigen nicht mehr so viel gemein hat, so hat das Fahrrad in den letzten Jahren dank des E-Bike-Booms eine Erfolgsgeschichte sondergleichen geschrieben. Allein in Deutschland wurden 2021 etwa 4,7 Millionen Fahrräder verkauft - davon 2 Mio. E-Bikes.


Das Verhältnis zum Fahrrad, vor allem auch im urbanen Bereich, hat sich verändert. Durch die Integration von Akku und Motor kombiniert mit einer schönen Formensprache, werden E-Bikerahmen immer komplexer und dementsprechend auch kostenintensiver in der Herstellung. Auch Lasten-fahrräder sind aufgrund von Weiterentwicklungen sowohl im privaten, als auch im gewerblichen Bereich immer stärker verbreitet. Um diesbezüglich nur ein interessantes Beispiel zu nennen: 1907 wurde UPS in Seattle von zwei Teenager und einem Fahrrad gegründet. Heute sieht man, verstärkt im städtischen Umfeld, UPS-Zusteller wieder mit Lastenfahrrädern Lieferungen zustellen. Auch bei der deutschen Post erfolgt schon seit Jahren die Briefzustellung in vielen Bereichen mit Hilfe von Lastenrädern.


Generell ist der Markt stark im Wandel. Fahrradrahmen für den Massenmarkt werden gewöhnlich aus Aluminium hergestellt. Das zunehmende gesellschaftliche Bewusstsein für nachhaltige Produkte mit reduziertem Energieverbrauch in Produktion, Logistik und Betrieb hat zu Versuchen geführt, Produkte der Zukunft neu zu bewerten, um ihre Effizienz zu verbessern. Um all das zu erreichen, ist es notwendig die Produktion aus Fernost zumindest teilweise wieder nach Europa zurück zu verlagern.


Die Kombination aus Produktionsstandort, Herstellungsverfahren, Material und Einsatz stellt eine enorme Erfolgsgeschichte dar. So ermöglicht das Spritzgießen von kurzfaserverstärkten Thermoplasten die Herstellung von Strukturbauteilen in einer Vielzahl von Branchen und Anwendungen einschließlich Micromobilität, wie E-Bikes, E-Scooter und Ähnliches.


Mittels Simulationen lassen sich die Fahrradrahmen spritzgussgerecht auslegen. Durch diese digitalen Produktentwicklungsmethoden können auch komplexe Prozesse berechnet und dargestellt werden, um die Entwickler bestmöglich zu unterstützen. Und das alles zu einem Zeitpunkt an dem noch kein einziger Span gefallen ist.


Der innovative Fahrradrahmen wird aus Polyamid 6 mit 40% Kurzcarbonfaseranteil (AKROLOY® PA CF VFrame) hergestellt. Um die Rohrstruktur für die Torsionssteifigkeit des Rahmens zu ermöglichen, wird das wasserunterstützte Spritzgussverfahren (WAIM) verwendet. Hierbei handelt es sich um einen zweiphasigen Prozess. Das bedeutet am Beispiel des Fahrradrahmens, dass zuerst die Formteilkavität wie im herkömmlichen Spritzgießprozess vollständig gefüllt wird. Während dieser Füllung bleiben die Überlaufkavitäten und Wasserinjektoren geschlossen. Nach der Füllung werden die Überlaufkavitäten und die Wasserinjektoren geöffnet. Das einströmende Wasser drückt den noch immer flüssigen Schmelzekern in dieser zweiten Phase in die nun offenen Überlaufkavitäten. Es wird ein Hohlraum im Formteil erzeugt. Abschließend wird der Hohlraum noch trocken geblasen. Ziel ist es diesen Hohlraum bereits in der Entwicklungsphase möglichst exakt zu definieren. Zusätzlich zu der Füllung des Polymers und des Wassers muss auch die Orientierung und Verteilung der Fasern im Polymer mitberücksichtig werden. Die Rahmensteifigkeit und die Fahrperformance hängen sehr stark von der Restwandstärke, der Faserorientierung, den Bindenähten und deren Verteilung entlang der Struktur ab. An dieser Stelle wird bereits klar, dass die Füllsimulationsergebnisse erheblich in der Produktentwicklung berücksichtigt werden müssen.


Für die Simulation des WAIM-Prozesses hat Plastic Innovation aus Ottensheim/Österreich deswegen Moldex3D® eingesetzt. Um das strukturviskose Verhalten des Kunststoffes und den komplexen WAIM-Prozess sauber simulieren zu können, ist eine gute Auflösung an der Randschicht notwendig. Nur so kann der Einfluss der Schergeschwindigkeit auf den Druckverlauf und die Temperaturverteilung während des Füllvorganges genau vorhergesagt werden. Gleichzeitig muss auch die Vernetzung im Kern für den Wasserkanal noch ausreichend genau sein. Für diesen Zweck wurde das Boundary Layer Mesh (BLM) entwickelt. Qualitativ hochwertige Berechnungsnetze lassen sich einfach und zuverlässig generieren. Der Formaufbau und die Kühlkanäle wurden mit dem Assistenten von Moldex3D generiert. Auf diese Weise lässt sich das Werkzeug bereits in einer sehr frühen Entwicklungsphase mit in die Simulation aufnehmen und kann später in die Konstruktion übernommen werden. 

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www.simpatec.at 


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