Das Rad neu erfinden

Interview mit DI Dr. Umut Cakmak, Geschäftsführer der Plastic Innovation GmbH und Forscher am Institute of Polymer Product Engineering an der JKU Linz

Fahrrad der Zukunft
Fahrrad der Zukunft © ENGEL
DI Dr. Umut Cakmak informiert über das Fahrrad der Zukunft
DI Dr. Umut Cakmak informiert über das Fahrrad der Zukunft © Plastic Innovation

23.03.2022

Das Fahrrad der Zukunft wird im Spritzgussverfahren erzeugt: Das Geschäftsmodell der Plastic Innovation GmbH basiert auf Engineering und Umsätzen mit Lizenzvergabe. Damit ein hochwertiger Fahrradrahmen in wenigen Minuten hergestellt werden kann, bietet das Unternehmen seinen Kunden auch das erforderliche Know-how an.

Sie haben „ökologische“ Fahrradrahmen erfunden – was ist Stand der Dinge und wie sehen Sie die Verbindung von Design, Material und Prozessen für neue Produkte?

Fahrradrahmen aus Kunststoff statt aus Stahl oder Aluminium können das Treibhauspotenzial senken. Genau das setzen wir in der Plastic Innovation in die Praxis um. Beim Fahrradrahmen ermöglicht der Wasserinnendruck-Spritzguss die Realisierung von hohlen Querschnitten, um das beste Verhältnis von Steifigkeit zu Masse in der Massenproduktion zu erhalten. Gearbeitet wird mit kurzfaserverstärktem Kunststoff. Hier verwenden wir aufbereitete Carbonfasern – nämlich ICF-Compounds von Akro-Plastics. Die gesamte Rahmenstruktur kann in einem Produktionszyklus hergestellt werden und ermöglicht durch den Gießvorgang höheren Designfreiraum und Funktionsintegration. Zudem ist lokale Produktion für den lokalen Markt durch den hohen Automatisierungsgrad möglich. Das reduziert Transportwege und durch die Verwendung eines bestimmten thermoplastischen Kunststoffs kann der Fahrradrahmen wie der mechanisch rezykliert werden. Der Forschungsaspekt umfasst die Verbesserung von digitalen Produktentwicklungsmethoden wie Berechnungsmodellen, Materialmodellen sowie verarbeitungsgerechten Auslegungskonzepten.
 

Von der Forschung zum Start-up: Was sind entscheidende Faktoren, um den Sprung zu schaffen?

In der Kunststofftechnik und speziell in der Produktion von Bauteilen ist es wesentlich, über Partner oder Universitäten den Zugang zu notwendigen Technologien zu erhalten. Die Produktentwicklungsphasen vom Konzept über Design und Produktauslegung bis hin zur Produktherstellung sind sehr zeit- und kostenintensiv. Über digitale Produktentwicklung können viele Aspekte der strukturellen und produktionsrelevanten Anforderungen überprüft und Lösungen erarbeitet werden. In der Produktproduktion ist die schnelle Umsetzung eines „Minimum Viable Products“ und dessen experimentelle Validierung entscheidend, um die Rückschlüsse für eine verbesserte Produktentwicklung zu nutzen.
 

Hochleistungskunststoffe oder technische Thermoplaste – was sind die Trends bei Materialentwicklung in der Mobilität?

Jeder Werkstoff kann je nach ökologischen, wirtschaftlichen und technischen Anforderungen ersetzt werden. Unsere Aufgabe ist, das Anforderungsprofil zu hinterfragen und alternative Lösungen zu erarbeiten. Falls diese Lösungen in der Bewertung einen günstigeren Effekt für Mensch und Umwelt haben, müssen die Materialsubstitutionen umgesetzt werden. Wir müssen unsere begrenzten Ressourcen so effizient wie möglich einsetzen.
 

www.plasticinnovation.at


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