Wie NaKu Biokunststoffe vorantreibt

Interview mit Mag. Ute und DI Mag. Johann Zimmermann, NaKu e.U.

Johann Zimmerman, Ute Zimmermann und Bernhard Wagenknecht von der HBLFA Schönbrunn freuen sich über den Energy Globe Award
Johann Zimmerman, Ute Zimmermann und Bernhard Wagenknecht von der HBLFA Schönbrunn freuen sich über den Energy Globe Award © NaKu
Gemeinsam mit Schülern der HBLFA Schönbrunn packt Johann Zimmermann die Baumsetzlinge in „natürliche“ Pflanzbeutel
Gemeinsam mit Schülern der HBLFA Schönbrunn packt Johann Zimmermann die Baumsetzlinge in „natürliche“ Pflanzbeutel © NaKu

19.04.2022

Seit 2007 haben sich Ute und Johann Zimmermann dem natürlichen Kunststoff verschrieben. Die beiden stehen wie kaum jemand anderer in Österreich für Biokunststoffe. Zum 15-jährigen Bestehen ihres Unternehmens zogen die beiden Eigentümer im Interview mit KC-aktuell Bilanz.

Was hat Sie dazu motiviert, NaKu zu gründen?

Johann Zimmermann: Wir hatten anfangs nur die Vision, im fortgeschrittenen Alter ein Unternehmen zu gründen, damit wir sagen können, wir haben nichts versäumt. Erst später kam die Faszination für Biokunststoff.

Ute Zimmermann: Als unsere Kinder noch klein waren, haben wir gesehen, wie viel Einwegkunststoff wir über den Abfall entsorgen. Da macht man sich schon Gedanken, ob es denn wirklich keine Alternative dazu gibt.


Wie entstand der Name NaKu?

Johann Zimmermann: Es gab damals diese klare Einteilung der Biokunststoffe, wie wir sie heute haben, noch nicht. Geschweige denn, wie man diese Kunststoffe genau nennen sollte. Deshalb haben wir uns für „Natürlicher Kunststoff“ entschieden. Unser erstes Produkt war dann das NaKuSackerl.


Welche Rolle hat der KC in der Gründungsphase gespielt?

Johann Zimmermann: Der KC hatte immer die Rolle als starkes Netzwerk. So haben wir sehr rasch durch Unterstützung des KC einen Standort in Niederösterreich gefunden.

Ute Zimmermann: 2009 hat Alexander Komenda vom KC dann mit seinem unvergesslichen Pioniergeist das große Biokunststoff-Projekt gestartet und wir konnten in einem Konsortium mit internationalen Mitgliedern aktiv an der Entwicklung von Innovationen arbeiten.

Johann Zimmermann: Unter anderem durch dieses Projekt haben wir dann auch die NaKu-Flasche entwickelt. Sie bildet neben der Folie unser zweites starkes Standbein.


Was waren die nächsten Schritte?

Ute Zimmermann: Dann kam leider das Tal der Tränen. Wir wurden immer wieder mit den gleichen Argumenten angefeindet: Biokunststoff sei gar nicht bio. Biokunststoff ist kein nachwachsender Rohstoff, Biokunststoff besteht aus genmanipulierten Pflanzen, NaKu sei bloß Greenwashing. Die Liste an Vorurteilen ließe sich noch lange so fortsetzen. Das war ernüchternd.


Wo sehen Sie die Gründe für diese Ernüchterung?

Johann Zimmermann: Hauptgrund war und ist der Preis. Würde Polymilchsäure (PLA) gleich viel kosten wie PET und wäre in ausreichender Menge verfügbar, dann wäre es bereits substituiert. Das hat dafür gesorgt, dass viele, mit denen wir gemeinsam Produkte entwickelt haben, sich dann doch gegen eines aus natürlichem Kunststoff entschieden haben.


Und 2017 kam dann die Wende.

Ute Zimmermann: 2017 zeichnete sich in Österreich das Verbot der Einwegkunststofftragetasche ab und die Legislative auf EU-Ebene bereitete die ersten Verbote und Gebote vor.

Johann Zimmermann: Zu der Zeit nahm auch das Plastic Bashing so unangenehm zu, dass jene, die uns früher belächelt hatten, plötzlich Biokunststoff gemeinsam mit Recycling als ihre Antwort darauf verwendeten.

Ute Zimmermann: Seit dieser Zeit ist es deutlich einfacher geworden. COVID-19 hat dann für uns – wohlwissend, dass man das vielleicht nicht sagen sollte – den Durchbruch gebracht.


Wieso gerade die Pandemie?

Johann Zimmermann: Vieles stand still und die Menschen hatten mehr Zeit zum Nachdenken. Auch Entscheidungsträger.

Ute Zimmermann: Zur Erklärung: Unsere durchschnittliche Beratungsdauer beträgt vier bis acht Stunden, bis der Kunde unser Produkt versteht und die Vorteile an eine höhere Instanz weiterleiten kann. Entscheidungsprozesse dauern noch länger, wenn der Chef entscheidet. Genau hier hat die Entschleunigung des ersten Lockdowns einen wahnsinnigen Boost gebracht.

Johann Zimmermann: Und in der Zeit ist vielen auch klargeworden: Diese Krise wird vorübergehen, aber dann wartet das nächste Problem auf uns – die Erhaltung unserer Umwelt.


Mittlerweile sind Sie stolze Gewinner des Energy Globe Awards. Wie kam es dazu?

Ute Zimmermann: Den Anstoß lieferte das Projekt „Book for Trees“ der HBLFA Gartenbau Schönbrunn. Für jeden gepflanzten Baum erhalten die Schüler Bücher. Dabei entstand die Idee, dass man einen Pflanzbeutel aus natürlichem Kunststoff nehmen könnte. Unser Glück war, dass wir ganz in der Nähe der Schule einen NaKu-Standort haben.

Johann Zimmermann: Für die Wiederaufforstung ist Biokunststoff unschlagbar. Um zwei Euro bekommt man Pflanzsäcke für 100 Bäume.


Wie schaut Ihre Vision für die nahe Zukunft aus?

Johann Zimmermann: Wir arbeiten sehr intensiv an unserem NaKu Double Loop, um Biokunststoffe und deren Recyclingfähigkeit besser zu positionieren. Wir wünschen uns von der EU dazu klare Vorgaben und Regularien. Global gesehen boomt Biokunststoff, speziell das PLA.

Ute Zimmermann: Leider sehen wir auch, dass fast alle Produktionskapazitäten in Asien und Südamerika entstehen. Während Österreich noch darüber diskutiert, ob eine PLA-Flasche im PET-Strom recycelt werden kann, entstehen in China zwei neue PLA-Fabriken.

Johann Zimmermann: Europa verpasst den Zug. Ich fürchte, ausländische Märkte werden völlig zurecht in zehn Jahren die Konditionen diktieren.


www.naku.at 

Das österreichische Unternehmen NaKu betreibt seit 2007 Forschung und Produktentwicklung mit natürlichen Kunststoffen. Sämtliche NaKuTaschen und -Beutel sind atmungsaktive und wasserbeständige Biosackerl auf Basis von Maisstärke oder Zucker. Zum Produktsortiment zählen außerdem Getränkeflaschen und Dosen aus dem Biopolymer Polymilchsäure, kurz PLA, das aus pflanzlicher Stärke gewonnen wird und komplett kreislauffähig ist.


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