Antivirale Beschichtungen für Kunststoffe

Es können zum Beispiel Türgriffe beschichtet werden.
Es können zum Beispiel Türgriffe beschichtet werden. © Adobe Stock/somesense

25.05.2021

Am Lehrstuhl für Chemie der Kunststoffe an der Montanuniversität Leoben wurde in Zusammenarbeit mit der Firma Luxinergy GmbH ein Verfahren entwickelt, mit dem eine biozide Schicht auf bestimmte Kunststoffe – sogenannte Photopolymere – aufgebracht werden kann.

In Kooperation mit der Medizinischen Universität Graz konnte die Wirkung der Beschichtung jetzt nachgewiesen werden: Für ausgewählte Bakteriophagen (das sind Modellviren u. a. für SARS-2- und Influenza-Viren) wurde gezeigt, dass eine nahezu vollständige Deaktivierung aufgrund der Beschichtung innerhalb von 30 Minuten erfolgt.

Auf alltagsüblichen Gegenständen wie Türgriffen, Handläufen oder auch am Kinderspielzeug tummeln sich eine Vielzahl von krankheitserregenden Mikroorganismen wie Viren oder Bakterien, die Ursache für Infektionen werden können. Die Keimzahl auf solch häufig berührten Oberflächen kann aber durch eine antimikrobielle und antivirale Beschichtung deutlich reduziert werden, und es können Bakterien und Viren sogar gänzlich deaktiviert werden.

Ein Team aus Wissenschaftlern der Montanuniversität Leoben rund um Univ.-Prof. Thomas Grießer und Romana Schwarz, MSc vom Lehrstuhl für Chemie der Kunststoffe, hat bereits im März 2020 während des ersten Corona-Lockdowns mit einer Sondergenehmigung an einer solchen Beschichtung geforscht.

Einfaches Verfahren - zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten

Photopolymere werden durch UV induzierte Polymerisation – also durch die Bestrahlung mit (UV-) Licht – hergestellt bzw. ausgehärtet. Neben klassischen Einsatzgebieten wie UV-härtenden Tintensystemen oder Lacken und Beschichtungen für Möbel und Fußböden, werden sie mittlerweile auch in der additiven Fertigung eingesetzt. Mittels Stereolithographie, einem auf Flüssigharz basiertem 3-D-Druck-Verfahren, können die Photopolymere zu hochwertigen, maßgeschneiderten Produkten zum Beispiel für Luftfahrt, Automobilbau oder Medizintechnik verarbeitet werden. „In unseren Versuchen zeigte sich, dass eine Beschichtung aus Kupfer-Nanopartikeln eine starke antivirale Wirksamkeit aufweist. Innerhalb kürzester Zeit wurden die untersuchten Viren abgetötet“, erläutert Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn.Thomas Grießer.

Es wurde bereits in vielen Studien nachgewiesen, dass das Metall Kupfer eine starke antivirale Aktivität aufweist – es kann Viren, die unter anderem Bronchitis, Polio, Herpes-Simplex oder auch Influenza und Masern auslösen, innerhalb von Minuten töten. „Wir haben uns bei der Beschichtung die besondere Oberflächenbeschaffenheit von Photopolymeren zu Nutze gemacht. Es werden antiviral wirksame Nanopartikel durch eine einfache chemische Reaktion an die Oberfläche gebunden, und bleiben dort fest verankert“, erklärt Romana Schwarz, MSc, Doktorandin bei Prof. Grießer.

Die Aufbringung dieser antiviralen Schicht gestaltet sich sehr einfach. Das Photopolymer wird hierzu in eine wässrige Lösung von Kupfer-Nanopartikel eingelegt. Bereits nach kurzer Zeit binden sich die Nanopartikel an die Oberfläche des Kunststoffs.

Bei Labortests erfolgreich

Die Wirkung der Beschichtung wurde nun an der Medizinischen Universität Graz getestet. Dabei wurden die Testflächen zwei verschiedenen Modellviren ausgesetzt und anschließend überprüft, ob nach der Einwirkzeit auf der Testfläche noch infektiöse Viren vorhanden sind.

„Mit Testviren, die Corona-Viren in ihrem Verhalten sehr ähneln, haben wir bei uns am D & F Institut für Hygiene, Mikrobiologie und Umweltmedizin die entwickelte Beschichtung ausgiebig getestet. Wir kamen zu dem Ergebnis, dass innerhalb von 30 Minuten die Viruslast deutlich verringert war bzw. die Viren ganz deaktiviert wurden“, unterstreicht Priv. Doz. Mag. Dr. Clemens Kittinger, vom Diagnostik- & Forschungszentrum für Molekulare BioMedizin, Medizinische Universität Graz.

Dieses Verfahren wurde kürzlich zum Patent eingereicht. Derzeit wird die Wirkung der Kupfer-Nanopartikel auf unterschiedliche Bakterienstämme untersucht. Parallel dazu testet die Firma Luxinergy GmbH dieses Verfahren für die Beschichtung von 3-D-gedruckten Medizinprodukten.

www.unileoben.ac.at 


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