Ein Gespräch über Inspiration, Pioniergeist und Verantwortung

Interview mit neuem Clustermanager in Niederösterreich

Portrait von Thomas Gröger, neuer Clustermanager im Kunststoff- und Mechatronik-Cluster Niederösterreich
DI Thomas Gröger zPM, Clustermanager Kunststoff-Cluster und Mechatronik-Cluster, ecoplus. Niederösterreichs Wirtschaftsagentur GmbH © ecoplus
Foto von Ing. Harald Bleier, ehemaliger Clustermanager Kunststoff-Cluster Büro St. Pölten
Ing. Harald Bleier, ehemaliger Clustermanager Kunststoff-Cluster Büro St. Pölten © ecoplus

10.03.2021

Thomas Gröger, seit 2008 als Projektmanager im Kunststoff-Cluster Niederösterreich tätig, folgte mit Jahresbeginn Harald Bleier als Cluster-Manager nach. Im Gespräch mit KC-aktuell analysiert er die Lage der Kunststoffbranche und verrät seine Ziele und Visionen.

Für welche Aufgabenbereiche waren Sie bisher zuständig?

Mein spannender Weg als ecoplus. Projektmanager im KC-Team begann 2008 mit der Übernahme des internationalen Cornet-Projektes „UAG – Ultrasonic Assisted Grinding“. Dessen Ergebnisse zur ultraschallunterstützten zerspanenden Bearbeitung hochfester Materialien sind heute bereits fixer Bestandteil im Portfolio jedes namhaften Herstellers von Hochleistungszerspanungsmaschinen. Der Aufbau des Mechatronik-Clusters in NÖ gemeinsam mit OÖ – nach dem Vorbild des KC – war die logische Folge der Synergien beider Technologien speziell im Bereich der Digitalisierung und erfolgte ab 2010 gemeinsam mit Harald Bleier. Ab 2015 kamen zu den bisherigen noch die Aufgaben des ecoplus. Clustermanager-Stellvertreters für KC und MC hinzu.

Was waren für Sie die Highlights der vergangenen drei Jahre?

Die Begeisterung der Mitarbeiter, mit der sie spannende, neue Schwerpunktthemen vorantreiben. Stellvertretend möchte ich das Thema Biokunststoff nennen, das den Beweis für die Notwendigkeit von Resilienz darstellt. Seit 2007 setzt der KC auf dieses Thema und war seit der ersten Stunde aktiv dabei, gemeinsam mit den Forschungseinrichtungen erste Anwendungen und Produkte unter anderem mit dem Biopolymerteam prototypenhaft umzusetzen.

Nach Erfolgen im Bereich der Kreislaufwirtschaft, beginnend mit ersten Anläufen in unserem Rec2TecPart-Projekt, stehen wir heute vor dem Nachweis der Umsetzbarkeit von PET- und Polyolefin-Kreisläufen abseits der Getränkeflaschen. Auch im Bereich des Textilrecyclings konnten wir mit unserem Tex2Mat-Projekt mit dem Gewinn des Clusterland-Awards das Potenzial dieses Ansatzes unter Beweis stellen. Mit „Stop Waste – Save Food“ erarbeiteten wir eine Richtlinie für nachhaltige Lebensmittelverpackungen, die bis heute in bereits vier weitere Sprachen übersetzt wurde. Alleine durch diese vier Projekte konnten wir mehr als 80 Unternehmen zu Forschungs- und Entwicklungsthemen vernetzen und die Innovationsdynamik deutlich steigern.

Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation der Betriebe im Hinblick auf Innovationen?

Innovationen entstehen, wenn man sich erlaubt, seine etablierten Systemgrenzen zu verlassen, sich offen mit anderen austauscht und gemeinsam mutig neue Pfade beschreitet. Um diese Wege möglichst zu ebnen, setzen wir auf kooperative Demonstrationsprojekte mit wissenschaftlicher Begleitung, wobei wir über das Projektmanagement immer ein Auge auf den Nutzen für unsere Partnerunternehmen haben. Wir vom KC-Team sind stolz darauf, dass in der Regel nach diesen ersten gemeinsamen Umsetzungen viele weit größere Projekte bei unseren Clusterpartnern entstehen.

Wo liegen die Stärken des Kunststoffstandorts Österreich?

In Österreich haben wir einen einzigartigen Vorteil: Von der Rohstoffherstellung über Materialveredelung, Verarbeitungsmaschinen, Sammel- und Sortier-Know-how bis hin zu Recyclingmaschinen haben wir sehr erfolgreiche Unternehmen als KC-Partner, die global führend sind. Diese Tatsache, gepaart mit exzellenten Ausbildungsstätten, ermöglicht es uns, den gesamten Stoffkreislauf im eigenen Land abzubilden und somit Entwicklungen von weitreichender Bedeutung voranzutreiben. Gerade jetzt, wo Klimaziele, Recyclingquoten, Rohstoff- und Ressourcenschonung immer wichtiger werden, ist das ein starkes Argument für den Kunststoffstandort Österreich.

Woher kommt diese Dichte an Kunststoff-Unternehmen in Österreich?

Zahlreiche österreichische Kunststoffpioniere haben sich schon früh zu einem Netzwerk, dem heutigen VÖK, zusammengefunden und die Bedeutung von spezifischer Ausbildung und Förderung des Nachwuchses erkannt. Mit der Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen von Lehre über TGM (Schule der Technik, Anm.) bis hin zur Montanuniversität, die bereits 50 Jahre Kunststoffausbildung feiern durfte, wurde der Grundstein für die heutige wirtschaftliche Bedeutung unserer Branche gelegt.

Welchen Risiken oder Nachteilen ist die heimische Kunststoffindustrie ausgesetzt?

Kritische Faktoren, die sich gegenseitig stark beeinflussen und dadurch eine gewisse Dynamik entwickeln, sind unter anderem das angeschlagene Image, das zu einem starken Rückgang im Ausbildungsbereich zukünftiger Fachkräfte führt. Zusätzlich droht durch die wachsende Konkurrenz am globalen Markt die Abwanderung größerer Produktionsstätten und damit verbunden eine Reduktion der Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten, da diese in der Regel der Produktion folgen. Durch daraufhin weniger in der Öffentlichkeit sichtbare Innovationen und Entwicklungen wird die Wahrnehmung und somit das Image des Kunststoffs weiter negativ beeinflusst.

Und wo sehen Sie Vorteile?

Kunststoffe haben einen wesentlichen Anteil an unserem heutigen Wohlstand und unserer Gesundheit, nicht zuletzt, da sie im Vergleich zu anderen Materialien eine hohe Einsatzvielfalt bei vergleichsweise niedrigem Aufwand in Form von Energie, Ressourcen und somit CO2 vorweisen können.

Kunststoff und sein schlechtes Image – wie kann man es nachhaltig verbessern?

Allein das Wort „Plastik“ ruft bei vielen bereits stark emotional besetzte Bilder und Reaktionen hervor, die oft mit faktenbasierten und objektiven Argumenten nicht zu widerlegen sind. Die unsachgemäße Entsorgung ist ein globales Problem und macht es notwendig, von einer reinen Verteidigungshaltung Abstand zu nehmen.

Lassen Sie uns Verantwortung übernehmen und präsentieren wir uns als Teil der Lösung! Die Voraussetzungen zur gemeinsamen Verbesserung der Situation sind in Österreich gegeben. Dazu ist allerdings eine gemeinsame Initiative aller unterschiedlichen, derzeit sehr auf ihre Anwendungsfelder fokussierten, Interessensgruppen notwendig. Diese leisten in ihren Sektoren hervorragende Arbeit und präsentieren sich aktiv in der Öffentlichkeit. Was wir brauchen, ist ein Schulterschluss des gesamten Kunststoffbereichs und einen koordinierten starken Auftritt von Experten und Expertinnen aus allen Bereichen, die bereit sind, in Diskussionen mit Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zu gehen und gemeinsam ohne spezifische Eigeninteressen an einer gemeinsamen zukunftsfähigen Lösung zu arbeiten. Einen ersten Schritt haben wir mit der Gründung des ÖCC² – Österreichischer Carbon Cycle Circle in diesem Jahr gesetzt. Erinnern wir uns an den Pioniergeist und lassen wir uns davon inspirieren!

An welchen Schwerpunkt- bzw. Zukunftsthemen arbeiten der Kunststoff-Cluster in Niederösterreich und seine Mitgliedsbetriebe derzeit?

Derzeit sind wir dabei, biobasierte Kunststoffe als Teil einer ganzheitlichen Bio-Ökonomie-Strategie zu etablieren. Im Sinne der Ressourceneffizienz werden Stoffkreisläufe geschlossen, Materialeigenschaften, Zulassungen und Einsatzgebiete für Recyclingmaterial erarbeitet und somit ein Wandel vom Reststoff zum Wertstoff eingeleitet.

Seit 2005 setzen wir auf den Faktor Nachhaltigkeit und gerade in den vergangenen Jahren verzeichnen wir hier viele Erfolge. Unser System setzt auf Konstanz und ist auf langfristige Wirkungen ausgerichtet. Als weiteren Schritt in Richtung geschlossene Kreislaufwirtschaft verstärken wir in Zukunft die Aktivitäten zum Thema „Kohlenstoff-Kreislauf“ als Perspektive für alle organischen Stoffe.

Was sind aus Ihrer Sicht wichtige Themen, um mit Innovation durch Kooperation den Standort zukunftsfähig zu halten?

Kooperation findet zwischen Menschen statt. Folgt man dem Ziel, sich zu öffnen, aufmerksam zuzuhören, seine Gedanken zu teilen und miteinander die Grenzen zu verschieben, entsteht daraus etwas Neues. Wir als KC bringen Leute zusammen und ermöglichen Ihnen, genau das zu tun, um das notwendige Vertrauen aufzubauen und dadurch Dynamik entstehen zu lassen. Das ist die Basis unserer Clusterarbeit und unser Beitrag zur Gestaltung einer vielversprechenden Zukunft. Ich freue mich auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit und viele interessante Gespräche!

Mit der Übergabe des ecoplus Clustermanagements von Harald Bleier an Thomas Gröger findet auch gleichzeitig ein Generationenwechsel statt. Harald Bleier, der sich weiterhin im Clusterbereich branchenübergreifenden Innovationsthemen widmen wird:

 „Thomas Gröger ist der Richtige für die Herausforderungen im Umfeld der Kunststoffbranche. Mit seinem soliden Fundament an Wissen, Beziehungen und Begeisterung hat er die besten Voraussetzungen, um die Zukunft des Kunststoff-Clusters gemeinsam mit Wolfgang Bohmayr weiter zu entwickeln.“


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DI Thomas Gröger

DI Thomas Gröger

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